Überschrift: Texte
Im Nichtmehr und Nochnicht
Naves „Zwielicht“ im Kunstforum der Klinik für Tumorbiologie

Kaum zu glauben, dass Celso Martínez Naves einmal fast monochrom schwarz gemalt hat. Dann kam eine Serie von Nachtbildern und nun ist alles in Zwielicht getaucht.

In der gleichnamigen Ausstellung im Kunstforum der Klinik für Tumorbiologie zeigt sich, dass dieser Übergangszustand zwischen Nacht und Tag jedoch bei Celso Martínez Naves ein unwirkliches Farbspektrum hervorbringt. – Geradezu überirdisch, mitunter gar das Kitschige streifend.

Das Thema des Übergangs ist jedoch nicht allein ein zeitliches Phänomen, es wird in den Bildern auch durch das Motiv der Reise aufgegriffen. Würde man alle 29 Bilder der Ausstellung – Celso ist ein sehr produktiver Maler – aneinander reihen, ergäbe das die Bildspur eines Roadmovies. Manchmal kristallisieren sich konkrete Orte wie New York, Havanna oder Bremerhaven aus diesem Bilderstrom, meist aber sind es Straßen, die in seinen Blick geraten. Denjenigen, der diese ansichten konstituiert, muss man sich als einsamen Reisenden durch die Nacht vorstellen, der eine grell beleuchtete Tankstelle zu später Stunde ansteuern wird, um dann weiter zu fahren. Ob die Menschen, deren Perspektive wir einnehmen, ein Ziel haben, ist schwer zu sagen. Die Bilder wirken wie Chiffren einer nicht enden wollenden Reise. Das mag damit zusammenhängen, dass der Maler, der von 1977 bis 1983 bei Peter Dreher in Freiburg studiert hat, seinen Bildern Fotos zugrunde legt, nicht immer seine eigenen, auch solche aus Zeitungen. Das Moment des Stillstands liegt hier mitbegründet.

Dabei wirken Naves' Bilder wie Bühnenprospekte für das Gefühl der Melancholie und eine tiefe Verlorenheit. Oft sind es zudem städtische Brachen oder Industrie- und Hafenanlagen, die Anlass für malerische Studien geben. Unter den zwischen 2004 und 2006 geschaffenen Arbeiten finden sich auch solche, bei denen die fast pudrige Oberfläche, die mit der fahlen Stimmung korrespondiert, einem deutlich sichtbaren Pinselauftrag weicht, so als ob der Maler die perfekte Oberfläche anzweifelte. Streng genommen können die Zwielichtbilder Celso Martínez Naves gar nicht eintönig sein, vor allem da der 1953 in El Entrego (Spanien) geborene Künstler Licht- oder Wasserreflexe ganz als Malerei nimmt und solche Details in die Abstraktion überführt. Bei "Blomberg", das einen Kastenwagen zeigt, beginnen die Begrenzungen der Straßen zu Linien zu werden, so als ob das Erlebnis der Geschwindigkeit aus der realen Landschaft eine abstrakte machte. Vielleicht braucht es diesen Umweg auch gar nicht.

Celso Martínez Naves, Zwielicht bis zum 15. Dezember im Kunstforum der Klinik für Tumorbiologie.

Kultur Joker November 2006, Annette Hoffmann